Was wir vor 30 Jahren erlebten
Vor dreißig Jahren, so lange her,
hieß unser Teil Deutschlands DDR.
Die Kinder waren fünf und acht
und haben uns viel Spaß gemacht.
Wir wohnten schön im Block am Wald,
ich machte meinen Meister bald,
neben der Arbeit im Kosmetiksalon,
manchmal träumte ich nachts davon.
Roland war ein Diplomingenieur
und konstruierte Maschinen, das war manchmal schwer,
denn oft war geeignetes Material nicht vorhanden,
doch die pfiffigen Ingenieure etwas erfanden.
Viele Kinder gab es im Ort,
Kindergärten, Schule und Hort,
zum Spielen fanden sie schöne Stellen,
den Molcheteich liebten die kleinen Gesellen.
Der Sommerurlaub war ein besonderer Hit,
wir nahmen Oma Christine mit,
denn Opa Gerhard lebte nicht mehr,
und allein zu verreisen, fiel ihr recht schwer.
In die Hohe Tatra sind wir geflogen,
wo wir Omas Stammquartier bezogen.
Solch weite Reise war für uns nicht normal
und die Kinder flogen zum 1. Mal.
Mit tschechischem Geld mussten wir sparsam sein,
die Umtauschmengen waren für uns ziemlich klein,
doch wir haben hohe Berge erklommen
und immer ein leckeres Süppchen bekommen.
Am Abend in unserem Ferienzimmer
sahen wir die Nachrichten immer.
Viele Menschen wollten die DDR verlassen
und wurden in die Prager Botschaft gelassen.
In den Westteil Deutschlands durfte man nicht einfach fahren,
die Grenzen waren zu, da konnte man noch so viel sparen.
Es gab auch noch ein paar andere Sachen,
um einem das Leben verdrießlich zu machen.
Wenn man zum Beispiel sagte, was man dachte,
war es möglich, daß einen ins Gefängnis dies brachte.
Wirtschaft und Umweltschutz waren ziemlich platt,
viele Dinge man nicht bekommen hat.
Doch im Herbst ’89 war es so weit,
viele Leute waren zum Protest bereit,
auf Straßen und Plätzen, im Kirchenraum
mit Liedern und Kerzen, statt zuzuhaun!
Auch aus Polen und der Sowjetunion
hörten wir manch neuen Ton.
Den Polen machte Solidarnosc Mut,
der Sowjetunion tat Herr Gorbatschow gut.
Wir zwei haben abwechselnd demonstriert,
das war heikel, weil man nicht wusste, was passiert,
ob Polizei und Armee uns gewähren ließen,
oder ob sie, wie in China, gleich auf uns schießen.
Der Druck auf die Regierung wurde schließlich so groß,
daß sie plötzlich Mauer und Grenzen aufschloss.
Es war zum Glück kein Schuss gefallen
und neue Zeiten blühten uns allen.
Wir waren begeistert und voller Freude,
es umarmten sich stockfremde Leute.
Wir hatten eine aufregende spannende Zeit,
die ganze Welt stand uns jetzt bereit.
Wir durften frei wählen und nicht nur zum Schein,
Demokratie zu gestalten, lud das Leben jetzt ein,
natürlich gab es auch schwierige Sachen,
Betriebe schlossen, das war nicht zum Lachen.
Auch Rolands Arbeitsstelle fiel weg,
er suchte sich einen neuen Zweck.
Jetzt rechnet er auch, nur im Kirchenamt,
wo eine neue Arbeit sich fand.
Uns geht es wirklich richtig gut,
doch manche Menschen haben Wut.
Wir sind so froh, in einem Rechtsstaat zu sein,
wo man frei lebt wie ein Waldvögelein.