Das politische Essay: 09. November in Deutschland

09.11.1918 – Novemberrevolution

Im deutschen Kaiserreich wurde von Phillip Scheidemann zum ersten Mal die deutsche Republik ausgerufen. Doch die Menschen fühlten sich gekränkt, erniedrigt und verzweifelt. Hinter ihnen lag die Urkatastrophe des Jahrhunderts, der Erste Weltkrieg, und viele von ihnen hatten noch mit den Folgen des Krieges zu kämpfen. Die Menschen sehnten sich also nach einem Umbruch. Das Ziel der linken Revolutionäre, unter anderem Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg, war es, die Demokratie abzuschaffen und eine Diktatur durch das Proletariat einzuführen. Das sogenannte „Rätesystem“ sieht vor, dass in kleinen Regionen Arbeiter- und Soldatenräte gegründet werden, die vom Volk gewählt werden. Diese dürfen nur die Meinung des Volkes vertreten und nichts aus eigenem Willen entscheiden. Darin liegt der Unterschied zur parlamentarischen Republik, die auch heute unser politisches System in Deutschland bildet. Der entscheidende Konflikt während der Novemberrevolution war also die Regierungsbildung, die all die Jahre nicht zustande gekommen ist. Es gab zwar Übergangsregierungen, wie den „Rat der Volksbeauftragten“, aber diese sind geplagt von Unstimmigkeiten und waren nie von langer Dauer. Die Vertreter der parlamentarischen Republik setzten sich mit Gewalt durch und die Revolution misslang.

Die Idee der Revolutionäre, eine Räterepublik durchzusetzen, scheint mir gar keine schlechte Idee zu sein, allerdings war der Zeitpunkt für die Revolution schlecht gewählt. Das gesellschaftliche Klima im Land war gespalten und die Politik noch nie zuvor so umstritten. Eventuell hätte es gereicht, den Menschen mehr Zeit zu geben, um die Erlebnisse während des Ersten Weltkrieges zu verarbeiten. Die Abdankung des Kaisers hätte nicht direkt zu einem Ausruf der Republik führen dürfen. Man hätte die Menschen verschnaufen lassen müssen und politische Ordnung im Land einkehren lassen sollen, wie es der damalige Reichspräsident Friedrich Ebert versuchte. Außerdem finde ich es grundsätzlich falsch, auf ehemalige Parteimitglieder mit Gewalt einzuschlagen, weil man sein eigenes Vorhaben umsetzen möchte. So brutal kann Politik sein. Vielleicht war der gewählte Zeitpunkt auch genau der richtige für die Revolution. Eindeutig wird es nie sein. Einige überzeugte Kommunisten behaupten, dass, wenn die Revolution damals gelungen wäre, wir in einem völlig anders strukturierten Deutschland leben würden. Die kleinsten Veränderungen in der Geschichte könnten riesige Veränderungen der Gegenwart mit sich bringen, allerdings kann niemand jemals genau sagen, was passiert wäre, wenn…

09.11.1923 – Hitlerputsch

Die Hyperinflation in der Weimarer Republik erreichte ihren Höhepunkt und Adolf Hitler startete einen Marsch auf Berlin. Der ehemalige Weltkriegsstratege Erich Ludendorff unterstützte ihn bei seinem Vorhaben. Seit Beginn der Weimarer Republik wird die Regierung mit sehr kritischem Auge betrachtet. Die Menschen waren einfach noch nicht bereit dafür. Adolf Hitler begeisterte Massen von Menschen und forderte das, was sie wollten:

  • Die Revidierung des Vertrags von Versailles
  • Abschaffung der Demokratie
  • Eine entschlossene Hand, die die Menschen führt
  • Ein bereits etabliertes Regierungssystem
  • Unterstützung der Arbeiter
  • Wirtschaftlichen Wohlstand
  • Nationalstolz

All das sind Forderungen, die Adolf Hitler an die Regierung stellte, welche nicht umgesetzt wurden. Die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei unter Leitung von Adolf Hitler konnte viele Erfolge verzeichnen, allerdings fehlte ihnen nach wie vor die absolute Mehrheit, um zu regieren. Hitler war einer weiteren Koalition stark abgeneigt und beschloss, die Macht mit Gewalt an sich zu reißen. Das Volk war auf seiner Seite und durch die Unterstützung von bekannten Persönlichkeiten, wie den Kriegsveteranen Ernst Röhm und Ex-Weltkriegsstratege Erich Ludendorff, schien der Putsch zu gelingen. Allerdings wurden die Nazis in jener Nacht vom 08. auf den 09. November 1923 verraten und so standen ihnen bereits vor der Ankunft im Reichstag Tausende bewaffnete Soldaten gegenüber. Adolf Hitler kam vor Gericht und wurde wegen Hochverrates zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt, mit der Möglichkeit bei guter Führung bereits nach neun Monaten entlassen zu werden. Rückblickend sind die Auswirkungen des misslungenen Putsches lediglich, dass Adolf Hitler genügend Zeit hatte, sein Buch „Mein Kampf“ zu verfassen, welches uns heute viele Einblicke in das Weltbild Hitlers gibt. Ungeachtet dessen kam es im Januar 1933 dennoch zur Machtübernahme der Nationalsozialisten.

Dieser Putsch stellte einen erneuten Angriff auf die Demokratie dar. Geplant von einem Mann, der die Demokratie innerhalb eines Jahres skrupellos abschaffen konnte, welcher für die Massenvernichtung von Millionen von Menschen verantwortlich ist und einen Weltkrieg auf dem Gewissen hat. Putschversuche hat es in der Geschichte wiederholt gegeben. Hitler war ohne Zweifel ein intelligenter Mann, allerdings fehlte ihm die Geduld. Durch den konsequenten Aufstieg der Partei wurden die Nazis größenwahnsinnig und ungeduldig. Hitler wollte sofort regieren, um den Weltkrieg so schnell wie möglich vorzubereiten, welchen er ebenso zu früh begonnen hatte. Sicher ist es erschreckend, was ein Mann alles anrichten kann, doch sei dazu gesagt, dass der Versailler Vertrag und der Unmut im Volk durch den Ersten Weltkrieg stark dazu beigetragen hat.   

09.11.1938 – Reichspogromnacht

Die Reichspogromnacht ist der Beginn der Judenverfolgung in Deutschland. Menschen dieser Religion wurden nicht nur von der Bevölkerung verachtet, sie wurden körperlich verletzt, bewusst ausgegrenzt und ermordet. Nach dem Überfall auf Polen am 1. September 1939 und dem Beginn des Zweiten Weltkrieges wurde die Judenvernichtung auch auf Polen übertragen. In der Landeshauptstadt wurde das „Warschauer Ghetto“ errichtet. In einem durch eine Mauer abgegrenzten Bereich mussten Juden leben. Das Essen war unzureichend und der Lebensstandard sehr niedrig. Der Holocaust endete mit der bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht am 8. Mai 1945.  

Man wird häufig mit der Hitler-Zeit und dem damit verbundenen Holocaust konfrontiert, damit man nicht aus den Augen verliert, was damals vor ca. 80 Jahren in Deutschland passiert ist. Vielen Menschen wird das verständlicherweise irgendwann zu viel. Ich kenne viele Menschen, die das Thema „Hitler“ gar nicht mehr hören können, weil sie von klein auf immer damit in Berührung kamen. Häufig hört man das Argument, dass man gar nichts mehr dafür kann und dass es doch längst vergangen sei. Natürlich liegt es an uns, dass etwas Derartiges nicht noch einmal geschieht, doch müssen wir uns deshalb jedes Mal wieder diese Schuld aufladen? Teilweise können die Deutschen nicht mal mehr in den Auslandurlaub fahren, ohne auf Hitler angesprochen zu werden. Ich will nicht verharmlosen, was passiert ist, aber ich kann es nun mal nicht rückgängig machen. Ich finde es abscheulich, dass ich mich im Ausland als Deutscher zu erkennen gebe und mich daraufhin Menschen als „Nazischwein“ bezeichnen. Das heutige Deutschland hat nichts mehr mit der Nazidiktatur oder dem Holocaust zu tun. Dieses Zeitalter ist vorbei und die Medien müssen anfangen, dies endlich zu verinnerlichen.

09.11.1989 – Mauerfall

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Deutschland auf die vier Siegermächte aufgeteilt: Frankreich, Russland, England und die USA. Dabei wurden auf der Seite der Westmächte die BRD und auf russischer Seite die DDR gegründet. Die Hauptstadt Berlin wurde dabei zweigeteilt. 1961 folgte der Bau einer Mauer durch Berlin, um die Flucht der DDR-Bürger zu verhindern. Deutschland war zu dieser Zeit der Siedepunkt des Kalten Krieges. Nach den jahrelangen friedvollen Montagsdemonstrationen in der DDR und vielen Fluchtversuchen war es endlich soweit: In der Nacht vom 9. auf den 10. November war die Mauer Geschichte. Der Mauerfall und die damit verbundene Wiedervereinigung Deutschlands setzte ein entscheidendes Zeichen im Kalten Krieg, beendete die Diktatur der DDR und brachte den Menschen die Freiheit.

Ich finde es erstaunlich, bemerkenswert, wie die Menschen durch friedliche Demonstrationen einen gesamten Staat in eine Krise gestürzt haben, die schließlich zum Zusammenbruch dessen führte. Leider finde ich es ebenso erstaunlich und widerwärtig, dass Genossen der DDR veranlasst haben, auf friedliche Menschen mit einem Gemeinschaftsgefühl einschlagen zu lassen. Die Deutsche Demokratische Republik war eine Diktatur, in der Menschen polizeilicher Gewalt ausgesetzt waren. Sie wurden beim Verhör geschlagen und ihnen wurde mit Folter gedroht. So etwas ist grausam. Häufig wird über Hitler und die Weltkriege gesprochen, doch die Zeit des Kalten Krieges ist mindestens genauso wichtig. Und auch dem Hass, der Angst, der Willkür und der vielen Toten sollte man gedenken. Für die Freiheit, deutsche Einheit!

09.11.2019 – Deutschland von heute

In der aktuellen Zeit beschäftigen uns natürlich andere Dinge: Klimawandel, Globalisierung, Brexit und Handelszölle. Wir Bürger erfahren alles über die Medien, ansonsten wüssten wir gar nicht, was in der Welt eigentlich los ist. Häufig kommt es vor, dass Journalisten in neutralen Nachrichten-Sendungen gar nicht mehr neutral sind. Heutzutage wird Politik viel einfacher dargestellt, als sie eigentlich ist. Es gibt nur noch „gut“ und „böse“, etwas dazwischen existiert nicht mehr. Ich verstehe, dass man die Geschehnisse so einfach wie möglich darstellen möchte, schließlich soll es jeder verstehen, doch wenn man dann Tatsachen verdreht oder etwas falsch darstellt, ist es doch viel verheerender. Ein Donald Trump, ein Vladimir Putin und ein Boris Johnson sind nicht „böse“, sie verfolgen ihre Ziele und wenn diese den deutschen Medien nicht zusagen, dann sind sie „böse“.       

Die Politikverdrossenheit ist ein Thema, welches immer wieder aufkommt in Deutschland und es stellt sich die Frage: Warum? Ganz einfach: Wählerinnen und Wähler sind nach einer Legislaturperiode von 14 Jahren gelangweilt. Es ist egal, ob man heutzutage SPD oder CDU wählt. Zu einer absoluten Mehrheit wird es nicht mehr kommen, also werden Koalitionen gebildet. Das ist das Problem: Es wird nichts passieren, da sich die Parteien in der Koalition nicht einigen können. Andernfalls haben sie zurecht Angst davor, dass sie etwas falsch machen, denn alles, was ein Politiker heute Falsches tut, wird von den Medien zerrissen. Ich würde niemals Politiker sein wollen, denn man kann nur verlieren. Es gibt immer Menschen, die unzufrieden sind. Vor allem sind ja zurzeit die Kinder und Jugendlichen unzufrieden mit der Politik. Das Klima würde nicht ernst genommen und es sei den „Alten“ alles egal. Ich kann das verstehen. Es gibt einfach zu viele Über-60-Jährige in der Regierung, sodass sie teilweise leichtfertig etwas entscheiden, wovon sie a) keine Ahnung haben oder b) was sie eh nicht mehr betreffen wird. Es müssen sich mehr jüngere Menschen für Politik engagieren. Es muss neuer Wind in unsere deutsche Politik! Aus diesem Grund finde ich es durchaus sinnvoll, dass man mit 16 Jahren bereits den Bundestag wählen darf. Weshalb wir dieses Wahlrecht ab 16 allerdings noch nicht eingeführt haben, ist sehr einfach zu erklären: Es entscheiden immer noch ältere Menschen, die glauben, dass man mit 16 noch nicht gebildet genug ist, um ein Parlament zu wählen. Sicher trifft das auf einige 16-Jährige zu, doch dann sollte man einmal anfangen, die Jugendlichen von heute besser zu bilden, besonders politisch. An unserer Schule, dem ASG in Ruhla wird der Sozialkundeunterricht in der 9. Klasse eingeführt. Das ist viel zu spät. Wenn man mit 14 Jahren das erste Mal hört, was ein Bundestag ist, dann ist es klar, dass man mit 16 noch nicht reif genug ist, um ein Parlament zu wählen. Eventuell sollte man hier als Erstes anfangen. Die Bildung in Deutschland wird immer mehr vernachlässigt. Im frühen 20. Jahrhundert war Deutschland ein bildungstechnisch sehr moderner Staat. In der ganzen Welt war deutsche Bildung geschätzt. Da sich allerdings seit dem frühen 20. Jahrhundert auch nichts dran geändert hat, sind zu viele Schulen heutzutage veraltet. Wenn man jetzt jede veraltete Schule schlagartig auf den neusten Standard bringen will, ist das natürlich unmöglich. Man hätte einfach früher anfangen sollen. Ich finde es viel sinnvoller, wenn ich ein Ziel kontinuierlich auf einen längeren Zeitraum in kleinen Schritten erreiche. Umso früher man anfängt, umso mehr Zeit kann man sich lassen. Es macht einen gewaltigen Unterschied, ob der Staat 10 Millionen Euro in einem Jahr aufbringt, oder auf zehn Jahre verteilt. Dieses System kann man genauso gut auf das Klima anwenden: Fängt man früher an, auf erneuerbare Energie umzusteigen, so hat man auch mehr Zeit, um sein Ziel bis beispielsweise 2030 zu erfüllen.

Es ist immer wichtig, alle Seiten zu kennen, bevor man urteilt. Genauso ist es bei „Fridays for Future“. Natürlich geht es hierbei um das Klima, doch es steckt weitaus mehr dahinter. Anhand von „Fridays for Future“ erkennt man, dass die Jugendlichen aus der heutigen Zeit gar nicht so politikverdrossen sind, wie häufig behauptet wird. Durch „Fridays for Future“ zeigen die Jugendlichen politisches Interesse. Sie machen darauf aufmerksam, dass die Politiker nicht nur für Wahlberechtigte entscheiden, sondern ebenso für deren Kinder.

Das größte Problem an der Jugend von heute ist, dass ihnen keiner zuhört.

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