Und wie war dein Gesicht?

Mehr und mehr entfernst du dich von mir,
nur ein fahler Schatten bleibt von dir.
Schemenhaft Gesicht und Hand –
unvorstellbar, wie ich zu dir fand.

Klar und klarer dafür jeder Ort,
deutlicher auch das gesprochene Wort.
Lupenrein das Zimmer und die Stadt,
die uns damals aufgenommen hat.

Könnt dir malen jeden Pflasterstein,
Regennächte, Tagessonnenschein,
jede Nummer jeder Straßenbahn
und die Menschen, die wir damals sahn.

Ich weiß jede Lampe auf dem Weg,
kenn, ihr Licht; und wie du dich erregt,
als die Kerze ausging in der Nacht –
es ward dunkel, du hast hell gelacht.

Weiß das Buch, in dem ich wartend las,
kenn den Garten noch, das Haus, das Glas
in das Wein ich goss, den ich dir dann gereicht,
weil er rot war, drum bist du erbleicht.

All das bleibt im Leben,
hat Gewicht,
alles weiß ich –
wie war dein Gesicht?

Christa Schreiber

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