Gedicht

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Das dicke Buch (Hommage an mein Gedächtnis)

Es gibt doch Dinge, an die wir nie dachten oder die wir im Leben selten beachten.
Vieles nimmt man im Alltag nicht wahr, es ist selbstverständlich für uns da.
Und plötzlich wird man erschreckt von Dingen, die uns aus dem Gleichgewicht bringen…
Die Oma, sie war mir immer so nah, plötzlich ist sie nicht mehr da.
Eine Freundin mit der ich einst geschwärmt, hat sich in eine andere Stadt entfernt.
Ich verlor mal einen Ring, an dem ich wirklich ganz sehr hing.
An der Arbeit gings mal drunter und drüber – wenn ich sie noch hätte, wäre es mir lieber.
Ein Ring, ein Brief oder ein Buch, man hat schon vergebens danach gesucht.
Was einmal fort ist, das ist nicht mehr…

 … wenn dieses dicke Buch nicht wär!

– in dem man alles wieder findet, was uns irgendwann entschwindet.
Wir haben dort seit Kindertagen alles gut leserlich eingetragen.
Manches, was nicht gerade wichtig, notierte man darin nur flüchtig.
Anderes, was war für uns schön, wird ganz farbig darin steh’n.

Bei Oma seh ich nicht nur die Brille, ich seh jedes Fältchen als Lebensrille.
Den Ring vergessen? – Nicht die Spur, ich seh den Glanz noch und die Gravur.
Am Arbeitsplatz gab’s Ernst und Lachen (man musste auch mal Witze machen…)
Alles, was wir wirklich lieben, wird in dieses Buch geschrieben
und wenn man mal ist ganz allein, schaut man einfach dort hinein.
Man kann dann mit dem Ring sich schmücken, Oma mit einem Kuss beglücken,
mit der Freundin einen Ausflug machen, oder mit Kollegen lachen.
Ich werde dieses Buch im Leben immer hegen und auch pflegen
denn sind erst Seiten heraus gerissen, dann ist das eigentlich … doch schade!

Petra Böttger

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Am Weihnachtsabend

Es weihnachtet! Die grüne Tanne
ist geschmückt als Weihnachtsbaum.
Und in der großen Bratenpfanne
da schmort die Gans, gefüllt mit Pflaum‘.

Ein Feuerehen brennt im Kamine,
heizt in der Stube richtig ein.
Wir sitzen da mit froher Mine,
weil wir uns auf den Abend freu’n!

Bald wird es an der Türe schellen,
dann kommt der liebe Weihnachtsmann!
Der Vater öffnet dem Gesellen
und bringt ihn in die Stube dann.

Für Mutter, Vater, für die Kinder,
hat er was Schönes mitgebracht!
Dann muss er weiter! Es ist Winter
und eine kalte Weihnachtsnacht.

Hannelore Saalfeld

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Die Geschichte vom Schneeflöckchen – ein Wintermärchen

Ein Schneeflöckchen vom Himmel schwebt. Der Wind es auf und nieder hebt.
So tanzt es lustig hin und her, und schwenkt sein Röckchen immer mehr.
Es blitzt und blinkt im Sonnenstrahl, und fühlt sich wie auf einem Ball,
wo es sich anschließt all den Andern, um fröhlich auf die Erd zu wandern.

Dann landet es auf einem Blatt. Das ist ganz dürr, vor Kälte matt.
Es hält sich fest, bleibt ruhig liegen, und läßt sich schön im Winde wiegen.
Doch weil es weiter Flocken schneit, hat bald das Blatt ein weißes Kleid,
denn Schneeflockenschwestern sitzen dicht und bilden eine dicke Schicht.

„Ach, ihr wärmt mich aber schön, die Decke ist so angenehm!“
Hört das Schneeflöckchen leis‘ raunen, denn der Schnee wärmt so wie Daunen.
Es lugt vom Blatt hin zu den Zweigen, die sich von der Schneelast neigen.
Sieht das Geäst, den Stamm vom Baum, eingehüllt in weißem Flaum.

Mehr will es sehn, das kleine Flöckchen, und zerrt so sehr an seinem Röckchen,
dass es kopfüber runter fällt und sich die kleine Nase prellt.
Das Bäumchen aber spricht und lacht: „Hast einen Purzelbaum gemacht!
Liegst nun auf meinen kalten Wurzeln, da kannst du nicht mehr runterpurzeln!“

„Komm her und wärme meinen Stamm, der ist so eisekalt und klamm.
Die Schneeschicht ist noch viel zu dünn, zu wenig Flocken kommen hin.
Deckt mich der Winter richtig zu, dann kann ich gut schlafen, hab‘ ich Ruh.
Ich sammle Kraft und Energie, um neu zu grünen wie noch nie!“

So sprach der Baum. Das Flöckchen winkt! Viel mehr Schnee noch heruntersinkt.
So ist das Bäumchen gut geschützt, kein Frost mehr in den Wurzeln fitzt!
Das Schneeflöckchen aber ist sehr stolz, denn ganz viel Schnee bedeckt das Holz,
und erst im Frühling, wenn es taut, werden die Tropfen gut verdaut.

Das Wasser wird das Bäumchen tränken, ihm neue Lebenskräfte schenken.
Dann kann es blühen, Früchte tragen, wird prächtig sein an vielen Tagen.
Das Schneeflöckchen aber, so winzig klein, wird immer wieder nützlich sein.
Es wird gebraucht zu seiner Zeit, im Winter, wenn es wieder schneit!

Hannelore Saalfeld

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Das Vogelhäuschen

Seit ein paar trüben Tagen schon
ist in der Hecke Rebellion,
denn Amseln, Finken und auch Meisen,
um das Vogelhäuschen kreisen.
Noch ist das Futterhäuschen leer,
die Vögel finden fast nichts mehr.

Der Sommer ist mit seinen Füllen
vorbei. Es liegen leere Hüllen
von Beeren und von Früchten da,
die Nahrung wird für Vögel rar.
Der Regen peitscht, es bläst der Wind,
wir müssen füttern ganz geschwind.

Die Vögel haben schön gesungen,
das ganze Jahr hat es geklungen,
dafür sagen wir ihnen Dank
und legen Futter auf die Bank.
Doch kaum wurde das Korn entdeckt,
sich eine ganze Schar schon neckt.

Jedes will den besten Brocken
und nicht nur im Abseits hocken,
bis es endlich an der Reih
zetert es und macht Geschrei.
Schaut, wie sie zanken, wie sie gängeln,
und sich am Futterhäuschen drängeln!

Doch nach einer halben Stunde
fliegen sie alle eine Runde.
Jedes Vögelchen ist satt,
ist zufrieden, müde, matt.
Sucht zum Schlafen sich ein Plätzchen,
wo nicht hinkommt unser Kätzchen.

Hannelore Saalfeld

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Generationsproblem

Ist man jung, versteht man nicht,
wie die Alten denken.
Schießt hinaus schnell über’s Ziel,
tut sie damit kränken.

Trifft sicher einen wunden Punkt!
Man möchte sie bekehren.
Dabei war’s gar nicht so gemeint
– will man sich selbst belehren.

„Wenn man mal nur nicht wird wie sie!“
So ist die Redewende!
Die gleichen Fehler macht man auch,
bemerkt man dann am Ende!

Denn selbst wer jung ist, altert stets,
die Zeit kann man nicht halten!
Und ehe man sich recht versieht,
gehört man zu den Alten!

So hat ein jeder Mensch das Recht,
Fehler zu begehen.
Dass diese sich stets wiederhol’n,
das wird man selber sehen!

ln jeder Generation
wird man das Gleichnis finden,
drum kritisiert das Alter nicht,
es lässt sich nie ergründen!

Hannelore Saalfeld

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