Gedicht
Abschied und Neubeginn
Ein letzter Flecken Schnee
in einer Senke sich versteckt,
weiß, wie die Schleierwolke,
die das Himmelsblau bedeckt.
Der Winter ging, ließ zum Gedenken
noch diesen letzten Gruß.
Der Frühling kommt, er muss,
wenn auch auf leisen Sohlen,
zaghaft und mild; um alle zu beschenken.
Geputzt die blinden Winterfenster,
gewechselt die verblichenen Gardinen,
um so der Sonne freie Bahn zu bieten;
denn in den Gärten prangt ein Farbenmeer
von Frühlingsblüten,
erfreuend Herz und Seelen.
Heimkehr der Vögel, die aus vollen Kehlen
danken all jenen, die ihr Leben hütenl
Die Fröhlichkeit ist überall zu fühlen.
Hoffnung geht auf: Dies wird ein gutes Jahr
Vergessend allen Gram und alle Schmach;
und auch den Streit, der Vieler Lieben trennte.
Dies wird ein Jahr der allseitigen Wende.
Wende wovon? Wende für wen?
Wohl auch für den, der zweifelnd hoffte
auch eben dieses Jahr. Wie wahr,
wenn Zweifel sich erklären,
und gut ist auch, sich dann und wann zu wehren,
dass eben dieses Jahr
für jeden die Erfüllung bringt.
Christa Schreiber
Erkenntnis
Haare werden dünner,
Falten werden mehr,
Nägel wachsen schneller,
laufen fällt sehr schwer.
Gelenke werden dicker,
dünner wird die Haut,
die Liebe, die hat ausgeliebt,
jetzt wird nur noch geschaut;
den Jüngren hinterher –
zu andrem reichts nicht mehr.
Hier mal ein Pfiff,
dort mal ein Witz,
und manchmal ein Gedankenblitz:
Wie es doch früher war,
mit damals vollem Haar,
mit seidenweicher Haut;
da ward nicht nur geschaut
Doch Reue kommt zu spät,
hab ich genug gelebt,
hab ich genug geliebt?
und was es sonst für Fragen gibt –
doch nichts ist mehr zu sagen:
als, sie war schön, die Zeit,
die unvergessen bleibt.
Gelebt hab ich doch gern,
ist auch das Lieben fern –
was soll dann die Tirade?
Ich kann nur denken:
Schade!!
Christa Schreiber
Herbstliches
Wie Bleikristalle hängen in den Zweigen
die Raureiftropfen der Septembernacht.
Die Nebelschleier tanzen ihren Reigen
bis sie zur kühlen Morgensonne treiben,
die herbstlich trüb am Horizont erwacht.
Der graue Tag, der öffnet seine Augen,
die ohne Glanz und ohne Wärme sind.
Im Blätterbunt der Reben hängen Trauben,
die letzten Glanz der Sonnenstrahlen rauben,
bis überreif sie fallen im Septemberwind.
Die Herbstzeitlosen streuen blaue Flecken
ins Gelb und Rot des goldigbraunen Hains.
Der Winter naht; doch aus der Reben Hecken,
wo honigsüß die Trauben sich verstecken,
fließt bald des Baccuss lebensvoller Wein.
Christa Schreiber
Ruhla – Momentaufnahmen meiner Heimat
Als Dreizehnhundertfünfundfünzig
Ein neuer deutscher Kaiser thront,
Im Frankenreich der schwarze Prinz nicht
Das Land und nicht die Menschen schont,
Trat eine Siedlung frisch ans Licht
Mit Namen Rolla, klar und schlicht,
Dem Bache gleich, der springt und fließt
Und in den Erbstrom sich ergießt.
Die Köhler waren’s und die Schmiede,
Die diesen Ort gegründet hatten,
Um Holz und Erze, ganz solide,
Zu bergen in des Waldes Schatten.
Und auch des Krieges Wehr, die Waffen,
Wurden ganz meisterhaft geschaffen.
Dann kamen Hirten, kamen Bauern,
Und Wohlstand wuchs in Ruhlas Mauern.
Das Messerschmieden kam zur Blüte
Wie nicht ein zweites Mal im Land,
Den Rühler Schmied mit starker Güte
Graf Ludwig sah mit schwacher Hand
Und wurde hart, so hart wie Eisen,
Dem eigenen Adel zu verheißen
Nie mehr zu sein des Volkes Plage.
Welch‘ guter Stoff für eine Sage!
Doch Einigkeit ist nie von Dauer,
Wenn Trennung dunkel niedersinkt,
Geteilte Länder tragen Trauer,
Da Zwietracht niemals Segen bringt.
Auch Ruhla trug der Spaltung Fron
Und stand zwei Herzögen in Lohn.
Zwei evangel‘sche Kirchen zeugen
Noch heut‘ vom unfreiwill‘gen Beugen.
Das Messerhandwerk ging dahin
Im kleinstaatlichen Walten,
Doch lag darin auch der Beginn,
Um Neues zu entfalten.
Als Kurbad kam die Stadt zu Ruhm,
Bekannt im ganzen Königtum.
Die Forstwirtschaft gedieh zur Ehre
Dank Forstrat Königs Waldmesslehre.
Und auch des Kunsthandwerks Erfahrung
Niemals verging an diesem Ort.
Der Hände und des Geistes Paarung
Sie leben hier auf ewig fort.
Geschnitzter Tabakspfeifen Pracht
Hat Ruhla neue Ehr‘ gebracht.
Der Meerschaum-Pfeifenköpfe Stil
Empfing der Lobgesänge viel.
Hurra! Hurra! Sie alle rufen:
Hurra! Und nie war Lebenslust
So groß. Auf vielen Straßen, Stufen
Sieht man manch‘ stolzgeschwellte Brust.
Denn Stadtrecht wurde heut‘ verkündet
Auf das die Stadt zur Stadt sich findet.
Kurz darauf auch die Teilung endet:
Die Stadt geeint, das Blatt gewendet.
Und weiter ging des Handwerks Streben
Den gold‘nen Boden zu bereiten,
Die Industrie entstand, um Leben
Und Reichtum stetig auszuweiten.
Speziell die Produktion von Uhren
Prägte das Bild in Ruhlas Fluren
Für mehr als hundertzwanzig Jahre.
Das Gott noch länger sie bewahre!
Gegründet Achtzehnzweiundsechzig,
Metallwaren der Brüder Thiel
Verkauften sich ringsum so prächtig,
Dass bald ihr Blick auf Uhren fiel.
Erst kamen Spiel-, dann Taschenuhren
Aus Ruhlas Manufakturen.
Die Stadt, sie wurde weit bekannt
Im Ausland und im Heimatland.
Als erster deutscher Produzent
Baute man Armbanduhren dann,
Erfolgreich bis zu dem Moment,
Als aus dem Nichts ein Krieg begann.
„Was machen wir?“ fragten die Gründer
Und fertigten von da an Zünder.
Ging auch der zweite Krieg verloren:
Die Uhren wurden neu geboren.
War jetzt der Staat ein völlig Neuer
So wie das Produktionssystem,
Es glühte doch das alte Feuer
Im Uhrenbau wie ehedem.
Ganz neu entstand die Uhrfabrik
Durch sie erwuchs auch Ruhlas Glück.
Und lange sonnt‘ im hellsten Glanz sich
Die Uhr Kaliber vierundzwanzig.
Doch Staaten können selbst zerbrechen,
Auch wenn sie lange Zeit nichts merken;
Denn manchmal nur sind‘s eig‘ne Schwächen,
Doch häufig and‘rer Staaten Stärken.
Und brachte Freiheit auch die Wende:
Ging doch manch‘ Gutes hier zu Ende.
Das Uhrenwerk ward liquidiert
In kleine Firmen überführt.
Die Stadt stand wieder vor dem Nichts,
Gezwungen, neu sich zu entdecken.
Sie tat’s entschlossen, angesichts
Zahlreicher wirtschaftlicher Schrecken.
Touristisch fing der Ort jetzt an
Mit mini-a-thür und Rodelbahn.
Als neuster Abschnitt Rühl’scher Dichtung
Entstand die Ferienhaus-Lichtung.
Und blick‘ ich heut‘ aus meinem Zimmer
Auf diese Stadt, voll Zärtlichkeit;
Schau‘, wie sie träumt im Abendschimmer
Von manch‘ großer Vergangenheit.
Seh‘ der Bewohner Ehrlichkeit,
Die mir ans Herz wuchs mit der Zeit.
Dann weiß ich: Mit nur etwas Mut
Wird sicher alles, alles gut.
Sehnsucht nach Dir
Deiner Ferne Ungemach
Füllt mein Herz mit Weh und Ach,
Doch in heißer Tränen Bach
Nicht ertrank es, noch zerbrach
Es durch des Vergessens Schmach.
Sehnsucht hielt des Nachts mich wach,
Wenn Erinnerung, niemals schwach,
Stets Dein Bildnis trug mir nach:
Deiner Augen Himmelstrahl
Tröstet meiner Seele Qual,
Deiner Lippen Purpurglanz
schimmert wie ein Rosenkranz,
Deiner Wangen zartes Rot
lindert meines Herzens Not,
Deiner Hände Zärtlichkeit
Prophezeit mir Seligkeit,
Deines Atems süße Glut
Gibt mir neuen Lebensmut,
Deines Lächelns Zaubermacht
hat die Hoffnung neu entfacht,
Deiner Stimme lieblich Klang
tönt wie Seraphim Gesang,
Deiner Brust Geborgenheit
Weih‘ ich meine Einsamkeit,
Deiner Wärme Leidenschaft
Sei der Sehnsucht stärkste Kraft!
Doch kann der Erinn’rung Schein
Mich von jener Qual befrei’n,
Die dem Herzen Höllenpein?
Muss sie nicht von vornherein
Sinnbild nur der Liebe sein,
Abglanz eines Stelldichein?
Ist nicht Nähe ganz allein
Uns’rer Liebe Urgestein?
Grünt der wahren Liebe Hain
Nicht gemeinsam nur, zu zwei’n?
Ja Du, Du allein bist mir
enes Lebenselixier,
Das der Liebe sanft Begier
In mir weckt; gewaltsam schier
Treibt mich höh’re Macht zu Dir!
Fühlst genauso Du jetzt hier,
wird aus mir und Dir ein WIR!?
Mindestens zu zweit
Auch wenn du anders bist, ich stehe an deiner Seite,
Gebe dir die Hand, wenn du nicht mehr weiter weißt, denn:
Du kannst nicht teilhaben ohne mich,
und dir Welt bleibt nur kleiner Teil vom Ganzen ohne dich.
Fällst du auf die Knie, helf ich dir wieder hoch zu komm‘,
und stehst du auf Musik, dann sing ich dir deinen Lieblingssong.
Hast du keine Ahnung von dem was du wieder machst,
dann helfe ich dir, dass du es ganz sicher schaffst.
Denn du hast deine eigene Kraft. Ich zeig dir nur sie raus zu holen.
Knurrt dir der Magen, dann schmier ich dir dein Pausenbrot.
Oder ziehst du dich an? Dann mach ich dir den Kragen,
Du musst dich nicht drum kümmern was die meisten Leute sagen.
Denn ich helfe dir auf die Beine auch wenn du keine hast.
Was immer du erlebt hast für mich bist du keine Last.
Mein Herz schlägt genauso wie deins,
egal wie du bist Gott steht dir bei.
Egal was du denkst, denn die Gedanken sind frei,
mit Gott bist du niemals allein,
sondern mindestens zu zweit.
Ruhla, 29.11.2018 (von Christian Kaiser)