An trüben Wintertagen mit
Glatteis, wenn ich lieber die Wohnung nicht verlasse, krame ich in Erinnerungen,
schaue mir alte Fotos an und habe auch im Computer eine ganze Auswahl von
Erlebnis-Fotos, die ich immer wieder gern betrachte. Da kam mir die schöne
Erinnerung an ein Erlebnis im Herbst.
In der Zeitung hatte ich von
Draisine-Fahrten im Eichsfeld gelesen und irgendwie reizte mich das, auf einer
alten Bahnstrecke mit einer Draisine die Gegend zu erkunden. Ich sprach mit
meiner Tochter darüber, diese mit ihrem Bruder. Und er nahm das gleich in
Angriff, telefonierte mit allen Geschwistern, wer mitmachen würde. Da kam ein
kleines Familientreffen zustande. Mein Sohn
organisierte für einen Samstag im Herbst drei Draisinen für je 5
Personen und wir trafen uns morgens gegen 9 Uhr in Lengenfeld unterm Stein am ehemaligen
Bahnhof der sogenannten Kanonenbahn. Zwei Enkel mit zwei Urenkeln fehlten noch,
riefen aber an, dass es mit den Kindern unterwegs wegen Übelkeit
Schwierigkeiten gab und sie etwas später kämen. Inzwischen teilte mein Sohn die
Besetzung der Draisinen ein, immer zwei zum Treten und drei, die mitfahren
durften. Die erste Draisine besetzte meine Schwester und ich sowie eine
Enkelin, zum Treten erklärten sich Tochter und Schwiegersohn bereit. Es war 9
Uhr und wir sollten ruhig losfahren, die übrigen Teilnehmer wollten auf die
Nachzügler warten. Die Enkelin holte noch ein Plaid aus dem Auto für meine
Schwester und mich, das wir uns über die Beine legten. Es war noch ein wenig
frisch, wenn auch die Sonne schon hervor lugte. Die Fahrt begann und nach
wenigen Minuten waren wir auf dem großen Viadukt von Lengenfeld über dem Tal
der Frieda, welches 244 m lang und 24 m hoch ist. Auf meinem Wunsch hin hielten
wir an und betrachteten in Ruhe die Gegend. Wir sahen bei der Weiterfahrt neben
der Bahnstrecke einen Wanderweg, auf dem eine junge Frau mit ihrem Hund
spazierte. Es ging zügig weiter und bald hatten wir wieder die vor uns fahrende
Siebender-Draisine eingeholt. Muntere Zurufe gingen hin und her und meine
Tochter sagte: „Oh lala, die trinken Sekt“. Wir wurden aufgefordert, einen
Becher zu reichen und bekamen ihn mit Sekt gefüllt zurück. Lustig ging die
Fahrt weiter, der erste Tunnel (Entenbergtunnel, 288 m lang) kam in Sicht. Die
vor uns fahrende lustige Gesellschaft wollte pausieren, hob ihre Draisine aus
den Schienen und setzte sich zu einem Picknick nieder. Wir fuhren wieder weiter
und bald kam der Haltepunkt Großbartloff in Sicht. Wir hielten wieder an und
die übrigen Familienmitglieder tauchten auf. Da gings dann gemeinsam weiter. Es
kam auch gleich der nächste Tunnel, der Heiligenbergtunnel mit einer Länge von
198 m. Unsere fleißigen Treter kamen ganz schön ins Schwitzen und wechselten
mit der Enkelin ab.
Die Strecke führte durch schöne
Natur, von den Haltepunkt Rottenbach, Effelder u.a. ist nicht mehr viel zu
sehen. 155 m ging es durch den Mühlenbergtunnel zum ehemaligen Haltepunkt
Luttergrund, wo im Tal das Flüsschen Lutter rauscht. Der letzte Tunnel auf
unserer Strecke war der 1.530 m lange Küllstedter Tunnel mit seinem
burgartigen, imposanten Westportal. Es war recht kühl, nur 8 Grad und wir frösteln
bei der Durchfahrt ein bisschen. Aber nach nur einem Kilometer war der
vorläufige Endpunkt der Draisinenstrecke am Bahnhof Küllstedt erreicht. Wir
stiegen aus und auf einer kleinen Drehscheibe musste man die Draisine drehen
und etwas zurück schieben, um den Nachkommenden Platz zu machen. Bis 12 Uhr war
nun eine Ruhepause. Die Urenkel konnten sich auf dem Spielplatz vergnügen, im
Gasthof konnte man essen und trinken. Auch die Pferde auf der Koppel wurden mit
Zuckerrüben gefüttert und waren ein Erlebnis für die Kleinen.
Um 12 Uhr wurden die Draisinen wieder bestiegen und die Fahrt zurück begann. Die 124 m Höhenunterschied, die unsere fleißigen Treter geschafft hatten, gings nun abwärts zum Ausgangspunkt und ab und zu musste sogar gebremst werden. Die Streckenlänge beträgt hin und zurück 26 Kilometer. Es war ein wunderschönes Herbsterlebnis.
Von Gerda Quentel