Gedicht
Anna Magdalena
Als die Sonne am Firmament des Himmels aufging
und Gottes wunderbare Schöpfung preisgab,
da sah ich Anna Magdalena in ihrem Lichte steh‘n.
Ihre Augen leuchteten vor Glück,
ein Lächeln huschte über ihre Wangen,
denn sie hielt etwas Liebliches in ihren Armen.
Es war ein Meerschweinchen, dem sie sehr zugetan.
Voller Zärtlichkeit drückte sie das Tierchen an ihr zartes Gesicht.
Ein Kuss benetzte des Meerschweinchens Stirn.
Anmutig begann sie zu tanzen, nach einer herrlichen Musik,
die in der Ferne erklang.
Sie trug ein rosafarbenes Kleidchen.
Leichte Schritte berührten den Boden,
in ihren Armen das niedliche Tierchen voller Liebe wiegend.
Schön siehst du aus klein Anna, dachte ich.
Seidig glänzend, mit Blumen geschmückte lange Haare
umschmiegen dein hübsches Antlitz.
Rot ist dein Mund, wie eine Rose, die einen lieblichen Duft verströmt.
Mögen Engel dich behüten, liebe Anna Magdalena,
auch deine Brüder und Eltern, die dich lieben.
Lebensbande
Mit heller Haut und schwarzem Fleck auf meiner weißen Weste,
so geh ich meinen Lebensweg so ist es wohl das Beste.
Den schwarzen Fleck verberg ich gut mit meinem großen Mantel,
der deckt nicht nur Geschichte, zu der der hilft mir auch beim Wandel.
Verschweigen will ich was geschah in meinem früheren Leben,
der Glauben schützt mich und der Staat im grenzenlosen Streben.
Mit Gier nach Macht, nach Geld nach Ruhm, nach allem was ich brauche,
in diesem Land im Jetzt und Hier, ich stink nicht mehr nach Jauche.
Ich weiß sehr wohl von jedermann, der einst das Sagen hatte,
die Bande sind noch fest geknüpft er trägt die gleiche Jacke.
Das Kind, das schweigt aus Angst und Scham, was ich ihm einst bescherte,
dem Teufel solls Vergnügen sein beim führen seiner Herde.
So hüllt der Mantel alles zu ich brauch mich nicht zu fürchten,
mein schwarzes Fleck, mein braunes Tuch, mir helfen meine Kirchen.
Sigi Hofstein
Die Trauerbirke
Die Birke am Fenster steht so stumm in ihrem Winterschmuck,
die Äste hängen gar zu krumm unter des Eises Druck.
Sie sehnt sich nach Wärme doch die Sonne schläft am Himmel der so fern,
sie denkt an Frühling und der Schnee fällt leise auf ihr Hirn.
Kein Windhauch der sie rühren könnt, die Stille ist so laut,
die Krähe setzt sich hin und wieder auf ihre nasse Haut.
Weiß und grau sind Ihre Farben wie des Winters Kleid,
sie hat nur eins und muss es tragen zu ihrem großen Leid.
Das Blatt will erst geboren sein und schlummert im Verborgenen,
ihr Haarschmuck liegt schon lang bereit zum Auftritt für den Morgen.
So denkt sie auch im Sommer dran wie es wohl wieder wird,
wenn die Kälte kommt alsdann zu rauben Ihr den Trieb.
Die Sehnsucht ist ihr treuer Freund die Trauer ihr Begleiter,
wenn sie nur lachen könnte heut das Leben wär so heiter.
Thomas Brinkhoff
Gedicht an die Eltern
Das Kind, das tötet virtuell, es ist ein Spiel und geht recht schnell,
mit einer Hand am rechten Knopf, fällt auf dem Schirm gar mancher Kopf.
Es tut nicht weh und ist bequem, vom Sessel aus in dem es lehnt.
Es riecht kein Fleisch was es verbrennt, es sieht kein Glied was nicht mehr hängt,
am Körper, der nicht seiner war, und erst viel später wird ihm klar.
Es ist ein Spiel aus Kindertagen, was sie „spielen“ und das in Scharen,
es ist der Krieg, der heut geschieht, in dem der Mensch sich selbst besiegt.
Die Seelenwunden nicht verheilen, die sie sich zugefügt mit geilen,
Spielen von einst – heut Wirklichkeit – sind,
mit der Drohne zu töten, gar manches Kind.
Thomas Brinkhoff
Sinn des Lebens
Wer lenkt mich durch den Lebensweg,
sinds die Gedanken, die manchmal schräg?
Ists der Tag der einfach geschieht
oder der Kern dem alles zugrunde liegt?
Ists der Teufel der mich geritten
oder Brauch und alte Riten?
Ists das Buch was schon geschrieben
oder der Fluch der uns vertrieben,
aus dem gelobten Heiligen Land
in die Wüste, die voller Sand,
in der ich treibe wie das Schiff auf dem Meer
durch Raum und Zeit, die Gedanken sind schwer.
Ich wills ergründen die Weisheit des Lebens,
ich wills verkünden den Sinn des Strebens.
Allein die Erkenntnis fehlt mit hierfür,
erst muss ich durchschreiten die letzte Tür.
Dort liegt begraben die Pointe des Lebens,
dort werde ich finden den Sinn allen Gebens.
So mancher von Euch wird es erträumen,
gesendet von hier aus den endlosen Räumen.
Ihr werdets vergessen wie ich es einst tat,
es dreht sich weiter des Suchenden Rad.
Thomas Brinkhoff
Der Wunschbaum
Es war einmal ein Nadelbaum,
Der hatte einen großen Traum:
Er wünschte sehnlichst sich nichts mehr
Als dass er nur ein Laubbaum wär.
Er wiegte sich im Sonnenschein
Und seufzte tief: „Ach, wär das fein;
Ich würd‘ mit solchem Blätterkleid
Beehren jede Festlichkeit.
Mein Blätterrauschen könnt ich hören
Und mich an seinem Klang betören;
In meinem Schatten ruhten leise
Die Wanderer von schwerer Reise.
Und eines wäre noch das Beste:
Die Blätter schützten meine Äste
Bei Regen, Sturm und heißer Sonne;
Was gäb‘ ich drum für diese Wonne!“
Drauf blickte unser Baum nach oben,
Die Äste flehend hoch erhoben:
„Ach Gott, sei bitte gnädig hier,
Erfüll‘ doch dieses Wünschlein mir.“
Doch Stille war die Antwort nur,
Ganz ruhig lagen Wald und Flur.
Der Baum, er wurde ärgerlich,
Und haderte mit Gott und sich.
Dann reckte patzig unser Baum
Erneut sich in des Himmels Raum:
„Warum, Gott, bleibst du stets im Stillen?
KANNST du nicht meinen Wunsch erfüllen?“
Doch wieder war die Antwort Schweigen.
Da rief er voller Wut: „Verneigen?
Vor dir? Den Kirchengängern gleich?
Bleib‘ doch allein im Himmelreich!“
Da, plötzlich, stieg ein Nebel, weiß
empor und unbeschreiblich heiß
Glühten die Nadeln am zornigen Baum.
Als der Nebel verschwand, man glaubt‘ es kaum,
Sah am Baume man keine Nadeln mehr stehen.
Dafür waren nur grüne Blätter zu sehen.
Der Baum war vor Freude außer sich:
„Wie prächtig ich bin! Ganz königlich!“
Er posaunte in alle Welt hinaus:
„Kommt herbei! Schaut mich an! Bleibt nicht zu Haus!“
Doch nur eine Raupe kroch auf ein Blatt
Und fraß sich an diesem genüsslich satt.
Die Wochen vergingen, doch vieles blieb gleich,
Vorm Baum lag die Wiese, dahinter der Teich.
Das Rauschen der Blätter war ihm bald genug,
Es schreckte die Vögel, die, ruhend vom Flug,
Auf den Ästen Gesellschaft geleistet hatten.
Auch nutzte kein Wandrer den kühlenden Schatten:
Denn an einem Wege stand unser Baum nicht.
Und kein rauschendes Fest kam jemals in Sicht.
Doch eines Morgens besah mit Schreck
Der Baum seine Blätter: Das Grün war weg!
Stattdessen die Farben jetzt braun, gelb und rot,
Und nur vier Wochen später noch größer die Not.
Denn nun fielen sie ab, die einst herrlichen Blätter,
Und schlecht und schlechter wurde das Wetter
Doch kein Blatt mehr schützte vor Regen und Schnee
Unsern Baum, er stand frierend und voller Weh.
Dann sah er die anderen Bäume im Tann,
Eine dunkle Erkenntnis überkam ihn dann,
Und die Äste erneut zum Himmel gebogen
Rief er: „Gott, warum hast du mich nur so betrogen?“